Fourteen

Stellen Sie sich vor, ein neues Jahrhundert würde nicht mit der eigentlichen Jahrhundertwende, sondern mit dem Jahr 14 beginnen.* 

Das erste Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts war von einer unglaublichen Aufbruchsstimmung erfüllt. Neu entwickelte, synthetische Düngemittel erlaubten reichere Ernten. Waschmaschinen, Gasöfen und elektrisches Licht erleichterten das häusliche Leben. Automobile und Flugzeuge sorgten für eine neue, schnellere Form der Fortbewegung. Viele waren jedoch von dieser rasanten und grundlegenden Veränderung der Welt um sie herum überfordert. Erst nach zwei Weltkriegen konnten die Menschen aktiv nutzen und genießen, wofür der Grundstein schon kurz vor 1914 gelegt wurde. Und mit den ersten Schritten ins All, gipfelnd in der Mondlandung 1969 hatte man schließlich das Gefühl, im Weltraumzeitalter angekommen zu sein. In den Jahrzehnten bis zum Jahr 2000 wurde die verwendete Technik zwar verfeinert, hatte sich in ihren Grundzügen jedoch bis dahin wenig verändert.

Der Blick noch ein weiteres Jahrhundert zurück zeigt ein ähnliches Bild. Der nach der Niederlage Napoleons abgehaltene Wiener Kongress von 1814 brachte eine nie dagewesen lange Periode des Friedens.

Einen ähnlichen Paradigmenwechsel erleben wir gerade wieder. Seit der Jahrtausendwende setzt sich die technologische Entwicklung rasanter denn je zuvor in der Menschheitsgeschichte fort.** Dinge, die man in den 80ern des letzten Jahrhunderts noch für reine Science Fiction gehalten hatte, sind seit wenigen Jahren selbstverständlich.

In ihrer aktuellen Couture-Kollektion beschäftigt sich Alwa Petroni mit eben diesen Umwälzungen. Die strengen wie auch modern-zeitlosen Arbeiten der Wiener Werkstätte sowie verwandter Künstler und Modeschaffender jener Epoche sind ein exzellentes Beispiel für den in der Kunstszene jener Zeit  stattfindenden Aufbruch in die Moderne.  Zugleich wirft sie einen Blick in die Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts zur modischen Avantgarde der 60er mit ihren teilweise aufsehenerregenden, futuristischen Entwürfen, um so mit rein in schwarz und weiß gehaltenen Kleidungsstücken einen Bogen zwischen beiden Welten zu spannen. 

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* David Brin, What if the 21st Century Begins in 2014?

** Ray Kurzweil, The Singularity is Near